Mayu ist Pianistin. Irgendwann fiel es ihr schwer, mit ihrem linken Auge Buchstaben und Noten zu erkennen. Aufgrund der anhaltenden Sehprobleme diagnostizierte ihr Augenarzt zunächst eine Sehnerventzündung. Erst bei weiterführenden Untersuchungen und einer Magnetresonanztomographie (MRT) erhielt sie im Jahr 2013 die richtige Diagnose. Mayu ist an Multipler Sklerose erkrankt.
Multiple Sklerose, oder kurz MS, ist eine fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die Krankheit äußert sich häufig in Form von schmerzenden oder tauben Gliedmaßen, Schwierigkeiten beim Gehen oder auch durch Sehstörungen. Vor allem jedoch sind die Symptome der MS unvorhersehbar und sehr unterschiedlich – abhängig davon, welche Teile des Nervensystems von Entzündungen betroffen sind1.
Musik, die Trost spendet
Bei Mayu blieb es zunächst bei den Sehproblemen, die mit einer Steroid-Impuls-Therapie gut behandelt werden konnten. Angst bekam sie erst, als mit dem Fortschreiten der Erkrankung eines Tages ihre Hände anfingen zu zittern. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich nie wieder Klavier spielen kann“, erzählt Mayu. Das wäre ein großer Verlust für sie, denn das Klavier begleitet Mayu schon fast ihr gesamtes Leben lang. Schon im Alter von drei Jahren begann sie, das Klavierspielen zu erlernen. Sie studierte Musik an der Universität und spielte auch nach ihrem Abschluss weiterhin in Restaurants, auf Hochzeiten und Partys.
Seit einem Krankheitsschub im Jahr 2017 gehören taube und zitternde Hände zu Mayus Alltag. Doch obwohl ihre MS voranschreitet, kann sie ihre Leidenschaft für die Musik weiter ausleben. Es war Mayus Ehemann, der sie dabei unterstützte, gegen ihre eigenen Ängste und Zweifel zu kämpfen. „Wenn du denkst, dass du nicht spielen kannst, dann kannst du es auch nicht“ – das waren die Worte von Mayus Ehemann, die ihr Mut gaben. Also begann sie wieder zu üben. Obwohl ihr alltägliche Dinge wie kochen oder schreiben schwerfallen, kann Mayu weiter Klavierspielen. „Wenn ich meine Finger auf die Tasten lege, hört das Zittern auf“, sagt Mayu. Inzwischen spielt sie gemeinsam mit ihrem Sohn – im März 2021 hatten die beiden ihren ersten gemeinsamen Auftritt.